09 Feb
09Feb

Als ich es das erste Mal gesehen habe, beeindruckte es mich durch die edle Machart, die diesen alten Messinstrumenten eigen ist. Die Verbindung von edlem Holz, glänzendem Messing und Glas ist schon an sich eine reizvolle Kombination. Die Erbauer solcher Messinstrumente hatten sich wohl kaum Gedanken über Design gemacht, wie das heute auch bei alltäglichsten Dingen nicht mehr wegzudenken ist, aber sie hatten ein natürliches Empfinden für Ästhetik. Referenzen an damalige Stilrichtungen sind gut auszumachen und so erinnern diese Geräte nicht von ungefähr an kleine Vitrinen im damaligen Zeitgeschmack. 

Man konnte sie nicht nur in einem Labor verwenden, sondern sie waren fast wie edle Uhren attraktive Hingucker, die man auch auf eine elegante Kommode stellen und so distinguierten Gästen den fortschrittlichen Geist des glücklichen Besitzers zum Ausdruck bringen konnte. Wenn sie heute ihren Gebrauchswert eingebüsst haben und längst von viel präziseren Instrumenten abgelöst wurden, so bestechen sie nach wie vor durch ihre edle Verarbeitung und sind bei Sammlern begehrte Antiquitäten. 

Mit einem Barographen wird der Verlauf des atmosphärischen Luftdrucks aufgezeichnet. Kernstück des Messinstruments ist ein siebenfacher Membrandosensatz aus einer Kupfer-Beryllium-Legierung, der sich je nach Luftdruck ausdehnen oder zusammenziehen kann. Für den Ausgleich bei Temperaturschwankungen zwischen -30 und + 40 °Celsius dient ein Bimetall. Durch Hebelmechanik werden die Bewegungen anhand einer Feder am Schreibhebel auf eine Trommel übertragen, die sich mittels eines Uhrwerks einmal in der Woche ganz um die eigene Achse dreht. Die Trommel wird jede Woche neu mit einem Diagrammpapier bespannt. 

Aber wozu dient es überhaupt ein Gerät zu bauen, das die Veränderungen des Luftdruckes in einem bestimmten Zeitraum aufzeichnet, wenn man dies ja auch einfach vom Barometer ablesen und notieren kann? Es liegt auf der Hand, dass diese Geräte eben zuverlässiger und genauer waren und man den Verlauf besser ablesen und mit den Aufzeichnungen anderer Geräte wie dem Hygrographen, dem Verlauf der Temperaturschwankungen, Aufzeichnungen der Windgeschwindigkeit oder der Niederschlagsmenge vergleichen und so Zusammenhänge ableiten konnte, woraus wiederum Rückschlüsse auf die Wetterentwicklung und deren Vorhersage möglich wurden. 

Später wurden die Barographen auch in der Luftfahrt verwendet. Da der Luftdruck mit zunehmender Höhe geringer wird, konnte man damit auch den Verlauf der Flughöhe aufzeichnen. Man sprach bei diesen Geräten dann von den Höhenschreibern. 

Der Barograph in unserem Angebot ist möglicherweise ein Gerät von Wilson & Sharp aus Edinburgh, der ca. um 1890 hergestellt worden sein könnte. Nimmt man das Gerät genauer in Augenschein oder besser noch in Tuchfühlung, damit man auch der sensiblen Mechanik gewahr werden kann, lässt sich beobachten, wie der Schreibhebel angehoben wird, wenn man nur leicht auf den Membrandosensatz drückt. Vorher zieht man die Federstange, die für den nötigen Druck der Schreibfeder auf die Trommel sorgt, leicht zurück, damit sich der Schreibhebel frei bewegen kann. 

In das Glasfläschchen, das in einen Messinghalter gestellt wird, bräuchte man nur etwas Tusche einzufüllen, wovon man etwas in die Schreibvorrichtung tropfen könnte. Diese sieht aus wie eine winzige, nach oben offene Dreieckspyramide, deren Spitze auf das Diagrammpapier gedrückt wird. So kann die Tusche aus dem kleinen Reservoir auf das Papier fliessen. Im Sockel des Gerätes befindet sich eine Schublade mit zwei Fächern, in denen zwei Sorten von Diagrammpapier aufbewahrt werden. Man könnte vorne die beschriebenen einlegen und hinten die frischen. Man müsste nur noch prüfen, welche Tusche oder Tinte sich am besten eignet, denn sie sollte ja nicht eintrocknen. 

An einer Stelle der Trommel befindet sich eine Art Messingschiene als Papierhalterung, die oben in einer kleinen Vertiefung einrastet und unten angehoben werden kann, wodurch die Halterung nach vorne klappt und so das Papier ausgetauscht werden kann. Ist dies erledigt, drückt man die Halterung einfach wieder nach unten. Das Papier ist somit auch gleich wieder in der richtigen Position und man kann die neue Woche starten. Hebt man nämlich den Deckel von der Trommel, kann man das Uhrwerk aufziehen und die Trommel setzt sich unter feinem Ticken in Bewegung. Man glaubt es kaum, dieses wohl über hundertjährige Gerät funktioniert heute noch wie am ersten Tag. 

In der Bauweise weist dieser Barograph die typischen Merkmale auf. Die «Vitrine» besteht aus Eichenholz, die Glasscheiben sind facettiert. Die säulenartigen Ecken mit den vorspringenden Kapitellen und Sockeln erinnern an den ausklingenden Historismus jener Epoche. Leider fehlt auf der hinteren Seite ein Teil eines Kapitells. Für einen Antikschreiner wäre der Nachbau dieses fehlenden Stückes wohl keine grosse Herausforderung. Für den passionierten Sammler solcher Geräte wäre es ein Glanzstück, das sein Herz höher schlagen liesse.

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