Das Bild hatte mich beim ersten Anblick überwältigt. Leuchtende, kräftige Grün- und Blautöne, von unten nach oben, vom Hellen ins Dunkle übergehend, eine Herbstlandschaft in Abendstimmung mit Bergen im Hintergrund und Bäumen, fast möchte man sagen Baumstümpfen im Vordergrund, die vom Wind gepeitscht ihre letzten Blätter verlieren. Irgendwie erinnert mich das Bild an Landschaften von Hodler, allerdings pastoser aufgetragen und kräftiger in den Farben.
Keine natürlichen Bäume, wie man sie zu zeichnen gelernt haben sollte. Bäume, nur mit kräftigen Pinselstrichen angedeutet, ein paar Verzweigungen, wie Staketen in den Boden gerammt. So sieht es doch gar nicht aus in der Natur und doch erinnere ich mich an solche Abendstimmungen in satten, leuchtenden Farben kurz nach dem Untergang der Sonne, die nach einem Regentag nochmals die Herrschaft über den Himmel errang und ihr erlöschendes Licht über den Horizont ergoss, bevor sie ganz der Dunkelheit weichen musste. Ein Gefühl von letztem Aufbäumen nach verlorenem Überlebenskampf.
Unten links hingekritzelt, ein Monogramm und eine Jahreszahl. Auf der Rückseite steht «Herbst im Grüzefeld» wohl der Titel des Bildes und die Widmung «zu Liselis 70. Geburtstag». Also ein Bild von einem Schweizer Maler, gewidmet einem «Liseli». Ein Grüzefeld gibt es in Winterthur, aber woher nimmt der Maler die Berge, die gibt es dort höchstens bei sehr kräftiger Föhnstimmung. Bedeutet «EN» eventuell Ernst Nyffenegger, der verwendete nämlich dieses Monogramm. Aber seine Bilder halten dem Vergleich mit diesem Auftrumpfen der Farben, diesem unmittelbar in den Bann ziehen nicht stand.
Wer mag wohl dieser Künstler sein, der einen einzigen Moment so stimmungsvoll festhalten konnte. Bestimmt kein Amateur, dagegen spricht sein gekonnter Umgang mit den Farben, sein unbeirrter Pinselstrich, das Beschränken auf das Wesentliche.
Erkennt jemand in diesem Bild einen Maler oder eine Malerin, der oder die ihm bekannt ist?