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So wie ein Ritterturnier sieht es nicht aus, trotz der beiden Pferde, die sich in dramatischen Kampfposen aufbäumen. Auch die beiden Ritter scheinen sich nicht ganz richtig ausgerüstet zu haben. Der Kämpfer links hat doch wirklich fahrlässig vergessen sein Visier herunterzuziehen, während sein Gegner nicht an den Schild gedacht hat. Eigentlich würde man auch die langen mittelalterlichen Schwerter erwarten, doch die sind den Herren wohl etwas zu schwer. Zudem halten beide die Schwerter in der linken Hand. Die Helme mit Federbusch passen besser in die Römerzeit und schicke Kettenhemden waren bei Turnieren unüblich.
Aber darum ging es Pandolfini sicher nicht. Es lag ihm fern, eine genaue Darstellung aufs Blatt zu bringen. Das ist künstlerische Freiheit, es geht ums grosse Ganze nicht um kleinkrämerische Detailversessenheit von fantasielosen Stubenhockern, die entrüstet auf die die historischen Vorlagen hinweisen. Die können dem Künstler gestohlen bleiben. Er hatte wohl etwas anderes im Sinn, denn mir scheint es, als würde er sich über das Ganze lustig machen. Eine Karikatur also, denn der Recke links scheint doch mehr damit beschäftigt zu sein nicht rücklings vom Pferd zu fallen, während seinem Gegner gerade das nicht ganz heruntergezogene Visier die Sicht versperrt.
Das Imponiergehabe der Schlachtrosse mit ihren Vorderhufen erinnert mehr an ein Schattenboxen als an einen feurigen Kampf. Tu mir nicht weh, lispelt der gelbe Hengst etwas indigniert. Nee, keine Angst, ich halte mich da zurück, beruhigt der Braune. Bin froh, wenn Don Quichotte nicht runterfällt, sonst bin ich wieder an allem schuld. Dann bist du also Rosinante? fragt der Hengst. Rosinante senkt den Kopf und nickt etwas peinlich berührt. Und mit wem habe ich die Ehre? - Bukephalos, stellt sich der Gelbe galant vor. Hat man da mal Worte, Bukephalos? Aber der war doch eigentlich schwarz. – Ja schon, aber was kann ich dafür, dieser Pandolfini ist doch ein richtiger Depp. – Wem sagst du das, mir hat er auch grüne Ohren gemacht, was für eine Schande.
He, seid ihr endlich fertig da unten mit eurem Techtelmechtel, brüllt Don Quichotte mit übergeschnappter Stimme und sticht mit seinem Schwert Löcher in die Luft. Ja, alles klar Chef, beruhigt ihn Rosinante und macht mit dem rechten Hinterbein einen eleganten Tanzschritt zur Seite. Eins, zwei, drei – eins zwei, drei ... stimmt Bukephalos ein. Was die Lipizzaner können, ist für uns doch gar nichts, es geht halt nichts über Walzer. Aber mit so einem Kretin auf dem Rücken, der seinen Schlachten nachträumt, fällt man immer wieder aus dem Takt. - Wem sagst du das? meint Rosinante. Immerhin musst du nicht gegen Windmühlen kämpfen, das ist so peinlich mit diesem Schwachsinnigen, meint Rosinante ganz bekümmert.
Pass auf, schreit Bukephalos, denn fast hätte der Flügel der Windmühle Don Quichotte von Rosinantes Rücken gefegt, doch diese hat gerade zu einer geschmeidigen Drehung angesetzt und bemerkt kaum den Lufthauch des gewaltigen Holzbalkens, der an ihr vorbeirauscht. Kannst du führen? fragt sie ihren Tanzpartner schmachtend. Aber mit dem grössten Vergnügen, meine Liebe. Eins, zwei, drei – eins zwei, drei ... – Ach, dass ich das noch einmal erlebe, gluckst Rosinante glückselig und die beiden drehen sich walzerselig im Takt. Seid ihr denn wahnsinnig geworden? tobt der Recke auf Bukephalos Rücken. Das darf doch nicht wahr sein. – Mir ist auch schon ganz schwindlig, japst Don Quichotte und verdreht die Augen. Aber die Pferde achten gar nicht mehr auf die beiden Kämpfer.
Die Windmühle holt zum nächsten Schlag aus und der Recke stürzt vom Pferd. Auch Don Quichotte kann sich bei dem Gehopse nicht mehr im Sattel halten und plumpst über Rosinantes dickes Hinterteil zu Boden. Ganz benommen rappeln sich die gerüsteten Herren mühsam wieder auf. Doch der gemeinsame Herausforderer ist erkannt. Attacke, schreit Don Quichotte und gemeinsam stürzen sich die beiden Ritter auf den seelenlosen Gegner. Schlag auf Schlag erfolgt, der übermächtige Feind kennt keine Gnade. Die Recken liegen niedergestreckt im Gras. Die Windmühle dreht sich im Walzertakt weiter und die beiden Rosse geniessen ihr Tête à Tête und können nicht mehr voneinander ablassen.
Der Schreiber legt verwundert den Stift aus der Hand. Was hat er da bloss wieder angerichtet? Ein schelmisches Grinsen erstrahlt auf seinem Gesicht. Das ist Satire, denen habe ich es aber gegeben, selber schuld, wenn sie ihre Pferde in solch sinnlose Abenteuer hineinziehen. Die könnten ja verletzt werden, wenn sie so brutal aufeinander losgehen. Das melde ich dem Tierschutz. Die können sich auf etwas gefasst machen. Der grossartige Künstler Pandolfini hat natürlich überhaupt nichts falsch gemacht mit den Farben. Seine Grafik ist wunderbar inspirierend und die Farben sind grossartig. Das müssen sich diese Banausen von Schlachtrössern noch hinter die gelben oder grünen Ohren schreiben.