07 Dec
07Dec

https://www.my-b-r.ch/angebote-im-verkauf/malerei

Es dürfte wohl im Frühling dieses Jahres gewesen sein, als ich es zum ersten Mal sah. Ein grosses, echtes Aquarellbild von Hans Ruedi Sieber in einem schönen, passenden Rahmen. Der Preis war für ein Aquarellbild ziemlich hoch, aber man sagte mir, es hätte vor einigen Jahren noch ein Vielfaches davon gekostet. 

Das Bild gefiel mir ungemein gut. Auf den ersten Blick assoziierte ich es wegen der rötlichbraunen Landschaft mit einer Stadt in einer Wüste. Es trägt aber den Namen Lacoste, mit dem man gemeinhin ein Modelabel aus Frankreich verbindet. Aber Lacoste ist auch ein malerisches Dorf im Luberon in der Provence. Man findet viele fotographische Ansichten des Dorfes im Internet und stellt schnell fest, dass sich das Dorf auf einer Anhöhe über einer fruchtbaren grünen Landschaft mit Weinbergen befindet. Der Anstieg Richtung Dorf ist mit Büschen und niedrigen Bäumen bewachsen. 

Warum denn diese rötlichbraune Färbung der Landschaft auf dem Gemälde von Sieber? Da erinnerte ich mich an eine Reise in die Provence, wo ich auch einen Abstecher nach Rousillon machte, das nicht sehr weit von Lacoste entfernt ist. Touristische Attraktion ist dort der «sentier des ocres», auf dem man durch eine märchenhafte Landschaft mit bizarren Gesteinsformationen in unzähligen Nuancen des Ockers wandeln kann. Sicher ist auch im Boden um Lacoste die Ockerfarbe vorherrschend. Auch auf Google Earth habe ich gesehen, dass die Landschaft in der Umgebung diese rötlichbraune Färbung hat. 

Natürlich tun Jahreszeit und Lichtstimmung im Verlauf des Tages das ihrige, um in der künstlerischen Wahrnehmung zu wirken. Im Bildaufbau stellt Sieber das Dorf ins Zentrum etwas über der Mitte des Bildes. Auf hellem Gelbbraun als Untergrund grenzt er einzelne Komponenten in etwas dunkleren Flächen voneinander ab, ohne die Gebäude zu exponieren. Stärkere Kontraste erzeugt er in Form von winzigen Fensterflächen oder Büschen und Bäumen, die sich in der Landschaft verlieren. Von unten her führt ein hellerer Streifen zum Dorf empor. Auf der Höhe des Dorfes grenzt auf beiden Seiten ein schmales, kräftiges Band aus Magenta mit grünen Abtönungen die ockerfarbige Landschaft vom Himmel in zartem Lila ab. 

Die Landschaft kontrastiert mit dem Dorf nicht nur durch die dominierenden Ockertöne, sondern dadurch, dass hier alles ineinander zu fliessen scheint. Abgesehen von dem erwähnten Streifen gibt es kaum klare Abgrenzungen in diesem Meer von transparenter Farbe, die wie in einem Guss aufgetragen scheint und dem Bild seine eigentümlich orientalische Wirkung verleiht. So ist es nicht nur die nüchterne Darstellung einer Landschaft in der Provence, sondern vielmehr die imaginäre Vision des Künstlers, die er mit der vollendeten Beherrschung der Technik zum Ausdruck gebracht hat. 

Das Bild ist seit einigen Monaten in meinem Besitz. Aber vorher vergingen mehrere Wochen, bis ich mich zum Kauf entschliessen konnte. Ich war erstaunt, dass es nicht längst einen Käufer oder eine Käuferin gefunden hatte. Aber der verlangte Preis war vielleicht wohl doch zu hoch. Dabei wundert es mich doch etwas, dass Werke in dieser exzellenten Qualität verschmäht werden. Schliesslich verlor auch der Verkäufer die Geduld und machte mir ein Angebot, dass ich nicht ablehnen konnte. So trug ich denn dieses wunderschöne Werk nach Hause. 

Ich recherchierte im Internet nach brauchbaren Informationen über Hans Ruedi Sieber und wollte schon resigniert aufgeben, bis ich auf die Seite uovodiluc.ch stiess. Hier fand ich eine Beschreibung des Künstlers, die wohl von einer Person stammte, die ihn persönlich gekannt hat. Ich erlaube mir den Link zu dieser Webseite anzugeben.


Hans Ruedi Sieber wurde vor allem durch seine Aquarellarbeiten bekannt. er beherrscht aber neben der Malerei auch die Kunst der Radierung, der Lithografie und der Bleistiftzeichnung. Nach dem Chemiestudium betätigte er sich als Lehrer in Freienstein und wurde ab 1969 freier Maler. Seine führten ihn fast durch Europa. 1995 erhielt er den Preis der Carl-Heinrich-Ernst-Kunststiftung in Winterthur. Er war ab 1975 Mitglied der Künstlergruppe Winterthur und von 1980 bis 1990 deren Präsident. 

Quellen: 

kuenstlergruppe.ch 

uovodiluc.ch/artista-sieber-hans-ruedi.html

Kommentare
* Die E-Mail-Adresse wird nicht auf der Website veröffentlicht.