16 Jan
16Jan

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Die beiden Zugpferde, zwei prächtige Füchse, ziehen das Break in lockerem Trab auf der Landstrasse. Das leichte vierrädrige Gefährt ist für sie keine Herausforderung, zumal nur gerade ein junger Bursche auf dem Kutschbock sitzt. Dieser hält die Zügel locker in der linken Hand, die Peitsche zu seiner rechten. Die braucht er nur um den Pferden gelegentlich mit einer leichten Berührung Kommandos zu geben, aber das ist auf der geraden Landstrasse kaum nötig. Eigentlich hätte er ja noch einiges zu tun gehabt an diesem Abend auf dem Hof, aber er konnte es sich bei diesem Wetter nicht verkneifen endlich die Pferde an die Kutsche zu spannen und loszufahren. 

Ein herrlicher Maientag, die Bäume an der Landstrasse in voller Blüte, aber es beginnt etwas kühler zu werden, denn die Abendsonne steht schon fast über dem Horizont. Gut hat er an die Decke gedacht, die er um seine Beine geschlungen hat. Er hat sich schon den ganzen Tag auf diese Fahrt ins Nachbardorf gefreut. Nein, kein Besuch zu einem erfrischenden Trunk in der Sonne, danach steht ihm der Sinn heute nicht, die Sonnenwirtin muss eben mit ihren anderen Gästen vorliebnehmen. Sein Ziel ist wieder der Meyerhof etwas am Rande des Dorfes, die beiden Pferde hätten den Weg dorthin schon selber gefunden. 

Er hat sich prächtig herausgeputzt, denn es ist kein gewöhnlicher Besuch. Heute will er sie endlich fragen. Den ganzen Tag, ja, die ganze Zeit seit ihrem letzten Zusammensein hat er kaum einen anderen Gedanken mehr gehabt. Er hat seinen Spruch sogar noch vor dem Spiegel in seiner Kammer geübt und ist dann ziemlich rot geworden, als sein kleiner Bruder, dieser Rotzbengel, gerade in diesem Moment hereingestürmt und in ein schallendes Gelächter ausgebrochen ist. Dafür hat er dann auch ein paar ordentliche Püffe kassiert, worauf er sich halb feixend, halb heulend wieder aus dem Staub gemacht hat. 

Der Vater ist nicht begeistert gewesen, als er ihn gefragt hat, denn jetzt muss er den Stall allein fertig machen. Der Kleine ist ja noch keine Hilfe, der steht nur im Weg und hält Maulaffen feil und der Knecht ist auch nicht zu gebrauchen, denn der hat sich am Vormittag beim Holzspalten ins Bein gehackt. Nimm die beiden Füchse, die sind heute nur auf der Weide gewesen. Der Vater hat ihm dann noch beim Einspannen geholfen und augenzwinkernd einen schweren Brotkorb neben die Füsse gestellt. Das gibst du der alten Meyerhoferin, das macht etwas her, ruft er dem Sohn zu, der sich schon reisefertig auf den Kutschbock geschwungen hat. 

Er nimmt die Zügel in die Hand und sogleich ziehen die beiden Pferde mit einem kräftigen Ruck an, traben aus der Hofeinfahrt und sind im Nu auf der Landstrasse. Die Fahrt geht flott voran, vorbei an frisch gemähten Feldern. Es soll ja noch ein paar Tage halten, das schöne Wetter und wärmer werden. Der Bursche legt sich die Decke um die Beine um sich vor dem kühlen Fahrtwind zu schützen. Schon sieht er in der Ferne die ersten Häuser des Nachbardorfes, den stattlichen Meyerhof. Sein Herz beginnt zu klopfen, als ob es fast zerspringen möchte. In seinem Kopf geht alles durcheinander. Wie hat er sie nun schon wieder fragen wollen? Er kann keinen klaren Gedanken mehr fassen. Jetzt hat er den Meyerhof erreicht und die beiden Pferde ziehen ihr Gefährt ganz ohne Kommando in die Toreinfahrt. 

Nun lassen wir den Burschen mit seinem Liebensabenteuer aber einen Moment allein und wenden uns dem herrlichen Bild von Georges Trincot zu. Mit der Landschaft im Hintergrund hält er sich nicht lange auf, dafür gelingt ihm meisterhaft die Darstellung der beiden trabenden Pferde. Man hört förmlich ihr flottes Getrappel und das Rollen der Kutschenräder auf der Landstrasse. Detailgenau gibt er das Geschirr mit Brustblatt, Zugsträngen und Fahrleinen wieder. Das kennt er seit seinen Kindertagen. Auch beim Break, zeigt Trincot seine präzisen Kenntnisse. In kühnen Linien und Strichen zeichnet er fast skizzenhaft den genauen Aufbau von, Achsen, Lenkung und Federn. Den eisenbereiften Rädern haucht er mit seinem Pinsel eine muntere Drehbewegung ein. Den eleganten Kutschbock und den geschlossenen Aufbau auf der Ladefläche, einem typischen Klappbreak, malt er dunkel, fast schwarz und setzt helle Lichtakzente für die Reflexion. 

Das vordere Pferd hält den Kopf mit der weissen Blesse etwas tiefer als das hintere, sein Schweif ist leicht angehoben. Das linke Vorderbein ist nach hinten abgewinkelt, während das rechte kräftig von der Strasse abstösst, bei den Hinterbeinen ist es gerade umgekehrt. Das zweite Pferd ist nicht im Gleichschritt und setzt gerade mit dem einen Vorderbein auf. Auch in der Genauigkeit dieses Ablaufs zeigt Trincot, welche ausserordentlichen Kenntnisse er seit seiner Jugend durch die genaue Beobachtung von Pferden erworben hat. Sicher beherrschte er selber das Einspannen und Lenken dieser edlen Tiere an einer Kutsche und ist vielleicht selber gerne über die Landstrasse gejagt, wenn sich ihm einmal die Gelegenheit bot. 

Den Kutscher setzt der Maler aufrecht mit Schirmmütze auf seinen Bock, abgestützt durch die Lehne hält er die Zügel fest in den Händen, die Beine in eine warme Decke gehüllt. Denn wirklich bequem ist die Fahrt über die holprige Landstrasse mit ihren Schlaglöchern nicht gerade, die Strassen hätten eigentlich längst ausgebessert werden sollen. Brr....! Die Kutsche hält auf dem geräumigen Vorplatz des Meyerhofs, die Pferde schnauben, als sie zum Stillstand kommen. Mit rotem Kopf und weichen Knien springt der junge Bursche vom Kutschbock. Verlegen dreht er seine Schirmmütze in den Händen und begrüsst die alte Meyerhoferin, die neugierig den Kopf aus dem Stubenfenster streckt. Sie sei allein zuhause, krächzt die runzlige Alte, der Bauer sei nochmals mit den Söhnen aufs Feld gefahren und die beiden Töchter ausgeflogen zum Maientanz.

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